Dieser Artikel ist einem italienischen Kunstwerk gewidmet, welches im November des Jahres 1962 an der 3. internationalen Mailänder Bootsmesse erstmals dem Publikum vorgestellt wurde. Entworfen wurde das Boot vom legendären "Ingegnere" Carlo Riva und erbaut wurde es in der Riva Boots-Werft in Sarnico, am oberitalienischen Lago d'Iseo.

Die Schönheit trägt den klingenden Namen "Aquarama", ein Kunstwort, welches von dem damals äusserst trendigen amerikanischen Kino-Breitbildformat (Cinerama) abgeleitet warde, in Anlehnung an die breite Windschutzscheibe des Bootes. Riva-Boote aus jener Zeit waren das Lieblingsspielzeug der Schönen und Reichen.

Die original Aquarama wurde angetrieben von zwei Chris-Craft Benzinmotoren mit je 185PS. In späteren Versionen wurden auch stärkere Motoren verbaut (bis 2x380PS), von Chrysler oder Cadillac, welche von Riva getunt wurden. Mit den Booten wurden Geschwindigkeiten von über 80km/h erreicht. Die ersten Versionen wechselten damals für 10.8 Mio italienische Lire den Besitzer. Von dem Muster wurden in mehr als 30 Jahren fast 770 Einheiten hergestellt.

Mein Modell ist ebenfalls ein Kunstwerk, jedoch aus fernöstlicher Produktion. Der Mahagoni-Look mit Klavierlack-Finish haben die Erbauer perfekt hingekriegt. Auch die Sessel aus echtem Leder sind eine Wucht. Dass dieser Traum aufs Wasser gehört und nicht einfach in einer Vitrine vergammeln sollte, war mir sofort klar. Zudem hat der Produzent darauf hingewiesen, dass eine Umrüstung auf RC möglich sei. Also habe ich ihm als passionierter RC-ler eine Ausrüstung verpasst, damit ich zumindest einige standesgemässe Fotos schiessen konnte.

 

Bildergalerie

Riva Aquarama
Riva Aquarama

Riva Aquarama
Italienisches Runabout boat ("Vergnügungsboot")

Riva Aquarama
Riva, der Rolls-Royce unter den Booten

Riva Aquarama
Modell und Original sind komplett aus Holz

Riva Aquarama
Das Modell hat einen Brushless-Antrieb (ca. 250W)

Riva Aquarama
Erreicht ca. 20km/h (bei ca. 2.5kg)

Riva Aquarama
Schönes Fahrbild

Riva Aquarama
Carven mit der Riva

 

Fahrvideo 2.2min

Spec: Brushless-Antrieb 2800k/V, 2Z-Lipo

Click to download in FLV format (35.65MB)
Riva Aquarama am Aeschisee 2009

 

RC-Einbau und Fahrbericht

Aufgrund des hohen Gewichts ist der Einbau eines Brushless-Antriebs Pflicht. Anfängliche Versuche mit einem Bürsten-Motor der 600er Grösse zeigten, dass das Boot damit nicht ins Gleiten kommt.

Die Platzverhältnisse für den RC-Einbau sind bei diesem, 66cm langen Boot, grenzwertig knapp. Man muss um jeden Millimeter kämpfen, was besonders wegen der geringen Höhe unter den Vordersitzen gilt und den Motoreinbau massiv erschwert. Zwei Motoren können schon mal nicht eingebaut werden, obwohl dies für eine Aquarama schön gewesen wäre.

Die Schiffswelle verbaute ich so flach wie irgend möglich und den Motor winkelte ich sogar noch leicht dazu an, um die zur Verfügung stehende Höhe einzuhalten. Ein Ausfräsen der Bodenplatte unter den Sitzen und zwei aufgeklebte Sperrholz-Leisten sorgten für zusätzliche 3mm an Höhe, die man glücklicherweise nicht sieht. Motor und Welle wurden mit einer flexiblen Kupplung miteinander verbunden, was für einigermassen ruhigen Lauf sorgt. Der Einbau einer Wasserkühlung ist bei diesen Leistungsdaten Pflicht. Der Wassereintritt unter dem Rumpf ist problemlos herzustellen. Für den Austritt wählte ich einen der seitlichen Auspuffe, so dass er unsichtbar bleibt.

Der Rudereinbau gestaltete sich ebenfalls etwas knifflig, weil hinter der Sonnenliege kein Zugang mehr von oben gewährleistet ist. Allerdings ist das mit etwas Finger-Verrenken auch irgendwie zu schaffen. Jetzt mussten nur noch je ein Brettchen für den Akku (7.4V Lipo) und den Empfänger mit Ruderservo auf die Spanten unter der Sonnenliege geklebt werden und die Sache war mehr oder weniger geschafft.

Fahreigenschaften

Das Boot liegt aufgrund des hohen Gewichts ziemlich tief im Wasser. Bei schneller Verdrängerfahrt im Uebergang zum Gleiten entsteht ein wahrer Springbrunnen im Bugbereich, der im Gleiten aber wieder verschwindet.

Weite Kurven sehen sehr schön aus und sind die Spezialität des Bootes. Allerdings wird der hintere Bootsteil bei der Kurvenfahrt ständig mit reichlich Spritzwasser geduscht und weil die Sonnenliege nicht abgedichtet ist, läuft viel Wasser ins Boot. Nach spätestens 2 Minuten Fahrt sollte man jeweils eine Entleerung machen, was nicht wirklich schön ist.

Schlussbemerkungen

Mit den vorliegenden Bildern und dem Filmclip ist bewiesen, dass dieses Vietnam-Boot tatsächlich auf RC umgebaut werden kann. Das neben dem Wassereintritt gravierendste Problem soll hier aber nicht unerwähnt bleiben: Die Versiegelung von innen wurde vom Hersteller nicht gut resp. gar nicht vorgenommen. Nachträglich alle Stellen im Boot zu versiegeln ist leider auch nicht mehr möglich, weil man schlicht nicht mehr überall hinkommt. Dies haben bereits andere Leute feststellen müssen, deren Boot dann richtiggehend aufgeplatzt ist, weil Holz im Inneren gequollen ist. Bei mir war es bislang "nur" lästiger Pilzbefall, den ich dann mit viel Nitro-Hartgrund bekämpft habe, nachdem die ganze RC-Anlage wieder ausgebaut war.

Ob ich mit dem Boot jemals wieder aufs Wasser gehe, weiss ich im Moment nicht. Vielleicht wenn mir eine Lösung dazu einfällt, wie die Sonnenliege wasserdicht und trotzdem entfernbar gestaltet werden kann...